Freiheitseinschränkende Massnahmen greifen in die Grundrechte jedes Menschen ein
Freiheit - ein Grundrecht jedes Menschen (pixabay chainlink-690503_1920)
Gina Kunst
20. März 2019
Bewegung ist für Menschen mit Demenz extrem wichtig. Deshalb sind wir der Meinung, dass eine Bewegungseinschränkung immer das letzte Mittel sein soll. Freiheitsbeschränkende Massnahmen stellen einen Eingriff in die Grundrechte des Menschen dar, auch wenn sie vor Gefährdungen schützen sollen.

Das Grundrecht auf persönliche Freiheit steht in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, Art. 10, Abs. 2: «2 Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.»

Es gibt unterschiedliche Freiheits- und Bewegungseinschränkende Massnahmen:

Mechanische Einschränkungen
• Fixation von Rumpf und/oder Extremitäten
• Feststellen von Rollstuhlbremsen
• Hochgestellte Bettgitter
• Pflegebody, welches das selbstständige Ausziehen verhindert
• Spezialdecke
• Sitzmöbel, die das selbstständige Aufstehen verhindern

Organisatorische Einschränkungen/Überwachungssysteme
• Abgeschlossene oder mit Codes gesicherte Ausgänge
• Funkortung (GPS), die ein Signal auslösen, wenn eine örtlich festgelegte Grenze überschritten wird
• Sensormatten als Bettvorlage oder im Bett
• Lichtschranken/Bewegungsmelder
• Elektronische Raumüberwachung
• Architektonische/bauliche Massnahmen – Unterbringung in einer geschlossenen Umgebung (Zimmer, Abteilung, Haus) mit oder ohne Garten

Wie gehen wir mit Einschränkungen bei der GAG um?
Uns geht es immer um den Mensch und seine Grundrechte.

Wir versuchen die Balance zu halten zwischen der grösstmöglichen Autonomie, Lebensqualität und der angemessenen Sicherheit unserer Bewohnenden. Was wir immer überlegen «Was können wir sonst noch tun, um eine Einschränkung zu vermeiden?» Dies verlangt eine hohe Flexibilität. Wir müssen uns den Bewohnenden anpassen, nicht umgekehrt. Es ist notwendig, dass wir regelmässig reflektieren in herausfordernden Situationen, um das Verhalten zu verstehen - auch unter Einbezug der Angehörigen. Wir möchten, wenn immer möglich, Einschränkungen vermeiden. Unsere Bewohnenden können sich daher selbständig im Haus und im Garten bewegen, nur der Eingang ist elektronisch gesichert.

Die Bewohnenden sind so in ihrer Freiheit nicht eingeschränkt – sie machen all das was sie sich zutrauen. Wir haben gelernt, ihnen diese Freiheiten zu lassen…auch wenn es manchmal furchtbar aussieht und wir das Gefühl haben, dass sie stürzen könnten.

Wir besprechen dies mit den Angehörigen und halten unsere Vereinbarungen schriftlich fest. Das Wohlbefinden und die Freiheit von Menschen machen ihre Lebensqualität aus. Nur vereinzelt legen wir einen Bauchgurt im Rollstuhl an oder legen eine Klingelmatte im Zimmer hin – wenn die Person immer wieder stürzt. Wenn jemand noch sehr mobil ist und gerne spazieren geht – bekommt er einen Funksender – damit wir ihn oder sie wieder abholen können, wenn er oder sie den Rückweg nicht alleine findet. Das finden wir eine angemessene Art und Weise, mit einschränkenden Massnahmen menschlich umzugehen.


Haben Sie Erfahrung damit? Was ist Ihre Meinung zum Thema «Freiheitseinschränkende Massnahmen bei Menschen mit Demenz?». Wir möchten uns hier gerne mit Pflegenden und Angehörigen austauschen und sind auch jederzeit für Fragen da.
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